01/2010 Berliner Morgenpost
Fashion Week 2010 in Berlin
Die neuen Biomode-Labels sind öko, aber sexy
Samstag, 23. Januar 2010 17:07 - Von Maria Exner
Spricht Ihr ökologisches Gewissen beim Blick auf Billig-Mode vom Filialisten an? Vielleicht finden Sie auf der Modemesse "Thekey.to" etwas Besseres. Hier wird Kleidung präsentiert, die öko und dennoch cool und sexy ist. Heute ist die Messe für alle geöffnet - nicht nur für Fachbesucher
Felicia Moss-Kraus hat alle Hände voll zu tun. Die 28 Jahre alte Designerin präsentiert ihr Label Slowmo auf der Messe "Thekey.to" in der Heeresbäckerei an der Köpenicker Straße 16 in Kreuzberg und erklärt das besondere Konzept hinter ihrer Mode. Slowmo ist eines von derzeit zehn Berliner Labels, die nur bio-zertifizierte Stoffe verwenden und unter kontrollierten Arbeitsbedingungen produzieren lassen. "Ich wollte 100 Prozent hinter dem stehen, was ich mache", sagt Moss-Kraus.
Mit dieser Einstellung ist die junge Modemacherin Teil einer wachsenden Bewegung. Mehr als 100 grüne Labels präsentierten während der Fashion Week ihre Kollektionen. Die kommerziell erfolgreichsten waren auf der Bread&Butter, die Design-Orientierten auf der Premium und jene, die vor allem Wert auf die grüne Philosophie legen, auf TheKey.to. Um auch die Berliner an die nachhaltige Mode heranzuführen, öffnet die Messe für "Green Fashion" am Sonnabend (bis 19 Uhr) für alle.
Seit Juli 2009 gibt es "Thekey.to", Gründer Frans Prins ist mit der Entwicklung sehr zufrieden. "Wir haben bei der zweiten Ausgabe doppelt so viele Aussteller und können deutlich mehr internationale Besucher begrüßen", sagt der 30-jährige Niederländer. Für Berlin hat sich das internationale Team um Prins entschieden, weil die Stadt im Ausland für Umbruch stehe. Auch "TheKey.to" will den anstoßen. Prins: "Wir sind nicht nur eine Modemesse, wir haben eine Botschaft."
Neue Jobs für Berlin
Klare Bio-Siegel für Kleidung und eine Kontrolle der Arbeitsbedingungen in allen Produktionsländern wünscht sich der Messe-Macher. In der Politik stößt er damit auf offene Ohren. Grünen-Chefin Renate Künast hat auf "TheKey.to" einen Vortrag gehalten, die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft unterstützt die Messe.
Tanja Mühlhans, die sich dort um die Belange der Berliner Kreativwirtschaft kümmert, hat das Wachstumspotenzial der Sparte im Blick. "Wir wissen von mindestens fünf neuen grünen Modelabels, die sich am Standort Berlin gründen wollen", so Mühlhans. Für die Wirtschaft ist das relevant, weil auch die Produktion mitwächst. "In Neukölln sind mehrere Schneidereien entstanden, die sich auf nachhaltige Mode konzentrieren."
Und auch die Näherei in Schöneberg, in der Felicia Moss-Kraus fertigen lässt, konnte dank Slowmo Mitarbeiter einstellen. Die grüne Mode schafft Jobs. Um diese Entwicklung zu fördern, hat der Senat als Teil des Kreativnetzwerks "Create Berlin" im vergangenen Sommer auch die Aktion "Next bright green fashion" unterstützt. Fünf Berliner Modedesigner lernten dabei von Experten, wie man eine Bio-Kollektion anpackt - vom Kontakt zu Stoffherstellern bis zur fairen Produktion. Die Kollektionen, die bei "Next bright green fashion" entstanden, sind heute noch in den Galeries Lafayette zu sehen.
Wichtiger noch als das Interesse der Politik ist für die Macher der grünen Mode das Image der Stadt. Berlin steht für Neues, Experimentierfreude, Offenheit, Umbruch eben - Charakteristika, die sich auch Öko-Pionier "Hess Natur" aus Butzbach, "Slowmo" oder die grünen Prêt-à-porter-Designer von "Noir" aus Kopenhagen auf die Fahne schreiben. Mit ihrer Präsenz in Berlin verfolgen sie alle das gleiche Ziel. Sie wollen zeigen, dass Mode zugleich umweltfreundlich und chic sein kann.
Deutschland als Vorreiter
"Jeder Designer, der Wert auf Nachhaltigkeit legt, macht eigentlich zwei Jobs", sagt Miguel Adrover. Der mallorquinische Modebohemien modernisiert seit gut zwei Jahren das Design von "Hess Natur". "Wir wollen dem Kunden schöne Produkte anbieten. Gleichzeitig kümmern wir uns darum, dass unser Planet gesund bleibt."
Deutschland war für den Designer in dieser Hinsicht eine Offenbarung. "Deutschland ist ein Vorreiter der ökologischen Idee. Wir in Spanien und erst recht die Amerikaner sind viel naiver, was den Umgang mit der Natur anbetrifft", so Adrover. Deswegen kam er im vergangenen Juli mit dem CEO von Hess Natur zur Fashion Week. Im ebenfalls neuen "Green Showroom" im Hotel Adlon zeigten sie die von Adrover entworfenen Kollektionsteile und luden Journalisten zum Gespräch. Sie nutzten die Fashion Week für die Verkündigung des Imagewandels vom etwas angestaubten Kleiderhersteller zur Modemarke. Auch diese Saison ist Hess in Berlin, ein eigener grüner Modepreis wird vorgestellt, ein Laden in der Hauptstadt soll folgen.
Der befände sich in guter Gesellschaft, denn ein halbes Dutzend Läden, die ausschließlich hippe Bio-Kleider verkaufen, gibt es bereits. Angst vor zu viel grüner Konkurrenz haben derweilen weder Messemacher noch Modelabels. "Jede Marke findet in Berlin jetzt die Messe, die zu ihr passt", sagt Premium-Sprecherin Kristina Linke. In einem Punkt sind sich alle einig: Nach Öko darf grüne Mode nicht aussehen, wenn sie Erfolg haben will.